Leihvertrag und Gefälligkeit
Rz. 4
Die Unterscheidung zwischen
Leihvertrag und Gefälligkeit muss im Einzelfall nach Anlass und Zweck der Gebrauchsüberlassung beurteilt werden, insbesondere danach, ob die Parteien mit einem Rechtsbindungswillen gehandelt haben (vgl. BGH, 04. August 2010 - XII ZR 118/08, Tz. 14).
Mit Rechtsindungswillen handelt, wer sich vertraglich binden will (siehe
Rechtsbindungswille). Handeln aus bloßer Gefälligkeit ist Handeln ohne Rechtsbindungswillen, ohne rechtlicher Verpflichtung.
Ist eine verbindliche Nutzungszeit (Gebrauchsüberlassungzeit) vereinbart oder soll die Rückgabe erst erfolgen, nach dem die Gebrauchsbeendigung eingetreten ist, ist eine Leihe anzunehmen (vgl.
§ 604 Abs. 2 BGB@). Bei einem Leihvertrag sind die Parteien an vertragliche Regelungen gebunden.
Ist eine verbindliche Nutzungszeit nicht vereinbart und soll die Nutzungsmöglichkeit jederzeit willkürlich beendet werden können, insbesondere der Verleiher jederzeit die Möglichkeit zur Rückforderung haben, dann ist Gefälligkeit anzunehmen. Bei bloßer Gefälligkeit fehlt den Parteien der Rechtsbindungswille, d.h. bei der Überlassung eines Gegenstandes im Rahmen einer Gefälligkeit (eines bloßen Gefälligkeitsverhältnisses) wollen die Parteien sich nicht rechtlich binden. Die Beteiligten entscheiden sich in diesem Fall dafür, die Gebrauchsüberlassung nicht den gesetzlichen Bestimmungen über die Leihe zu unterstellen (vgl. BGH aaO, Tz. 14). Die Überlassung erfolgt ohne rechtliche Verpflichtung.
Von der bloßen Gefälligkeit (erfordert Handeln ohne Rechtsbindungswillen, ohne rechtliche Verpflichtung) ist der Gefälligkeitsvertrag zu unterscheiden. Der Gefälligkeitsvertrag ist eine Bezeichnung für einen unentgeltlichen Vertrag, wozu auch der Leihvertrag gehört. Da die vertragliche Leistung ohne Gegenleistung erfolgt, wird hier auch von "Gefälligkeit" gesprochen, gemeint ist die unentgeltliche Leistung, die aber vertraglich geschuldet wird (siehe
Gefälligkeitsvertrag).
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